Kaum wird das Wetter wieder gemäßigter – von einer Erträglichkeit zu reden, trifft es zu ungeschickt – streift mal wieder, und nach langer Abstinenz, das werte Peterle an meinem offenen Fenster zur Straße vorbei – um Punkt 18:30 Uhr. Um halb 7 mitteleuropäischer Echtzeit (= Winterzeit). In etwas weniger als ein Dutzend Tagen ist es wieder so weit und ein gewisser Paul im rosaroten Pantherfell (zeitgemäß ein Mensch im Kostüm?) stößt mit Inbrunst die bedeutsamste aller Fragen aus sich heraus und ergießt damit seine Welt (besudelte unsere?), die da, ich will fast sagen, wie immer, lautet: Wer hat an der Uhr gedreht? Und so gut wie alle trällern unisono mit.
Menschen gleichen Alters, aufgewachsen nicht unweit von meinen regionalen Breitengraden entfernt [sic!] und zur selben Muttersprache befähigt, wie es meiner einer ist, wissen, um jenen ominösen Paul, dem Paulchen. Wir kennen ihn und seine schlimmen Sachen, die er anstellt – über die wir trotzdem lachen –, seine endlosen Scherze, die er treibt – schamlos an wehrlosen Wänden? – und einer guten Handvoll mehr an Dingen, die heute keine Leute mehr aus der Versenkung hervorbringen mögen. Paul ist schon lange von uns gegangen und wir trauern nicht um ihn. Denn, wenn wir uns einer Tatsache furchtbar im Klaren sind, dann ist es diese: Mit dem Paul ist Schluss, denn seine Existenz gründet sich auf ein paar gut gelungenen Farb- und Pinselstriche.
Mit der heutigen Nacht läute ich nicht neue Glocken ein und lasse auf der anderen Seite auch die alten, nach unten offenen, Metallhohlkörper schweigend in Ruhe. Der anhaltende Radau, den sie ungefragt (wie ein Paul Panther?) von sich geben, ist nur an hässlichen Sonnentagen im Sommer ertragbar und raubt der ein oder anderen, längst vergessenen Seele der Welt den Atem an tristen und dunklen Abenden im Winter. Die Frage sollte daher nicht lauten, ob es schon so spät ist, sondern wer den Scheiß erfunden hat mit der Uhrzeit und dem ›Zeigerdrehen‹. Mag die Frage noch so wichtig und richtig erscheinen, so ist sie trotzdem einerlei. Solange es die Jahreszeiten gibt, werden Menschen weder älter noch schlauer. Die Degeneration, die Devolution, hat sich längst wie ein Lauffeuer verbreitet und treibt ihre Früchte seit einem bekannten Wendepunkt (in voller Pracht?) aus, der bereits fern und vergessen von uns liegt. Bedeutsam der Verfall, unaufhaltsam der Zerfall, unter der Last der Dekadenz schreitet sie voran, setzt sich wie Rost ins Blech und bohrt (frisst?) sich unbeobachtet Stück für Stück hindurch, immer weiter. Die Luft und die Feuchtigkeit sind der Degeneration ihre liebsten Freunde. Was wir hingegen für sie sind, sollte tunlichst nicht gefragt werden.
Dem eingangs angeschnittenen Peterle ist das alles einerlei. Er kam heute mal wieder vorbei, um 18:30 (Uhr) – halb 7 nach ..., dreißig auf ... – mit einem, tief in seinem Kopf verankerten Plan. Er streifte an der Schnauze meines signalroten Verbrenners vorbei, ließ das Auto rechts von sich liegen, um an den Ort zu gelangen, der nach einer flüchtigen Stippvisite von ihm verlangte. Die Lokalität an sich hatte den lieben Peterle nicht bestellt, dem Apfelbaum daneben war sein plötzliches Erscheinen vermutlich ziemlich gleichgültig, doch für meine verbrillten Augen kam er daher wie ein Hoffnungsträger schlechthin. Unbemerkt fühlte er sich, und war doch beobachtet. Vorgenommene Arbeiten schob ich für eine Minute oder so auf, um mich ganz auf gar auf ihn und seinen kurzen ›Dienstweg‹ zu fokussieren. Wenn ich an diesem Punkt beschreiben würde, was ich sah, so käme ich mir vor wie ein Katzen-Stalker, ein erbärmlicher, der Heimlichkeit ausgesetzter, Fenstergucker. Ich werde das gegebenenfalls morgen oder übermorgen fortsetzen, vielleicht um halb sieben.