Mit einem Derivat soll es losgehen, von dem ich nicht mal weiß, ob es im Duden zu finden ist. Auf der anderen Seite kauft man solcherlei Werke ohnehin heutzutage eher seltener. Mein Exemplar ist so alt und abgegriffen, dass ich nicht mal mehr sagen könnte, wo ich es aufbewahrt habe. Ich weiß aber noch wie es aussieht. Der Einband ist nicht gelb, die Lettern sind nicht weiß und der Hintergrund, auf dem diese mit roter Farbe unterstrichen stehen, ist auch nicht schwarz. An welches seltsame orthographische Wörterbuch denke ich wohl, wenn ich daran denke, was ich offensichtlich tue? Begebe ich mich nicht augenscheinlich auf dessen Suche, so laufe ich Gefahr die Sache wohl zu zerdenken.
Davon will ich absehen, Abstand nehmen, allerdings nicht vom Denken nach dem Denken, wann ich das erste Mal das Präfix "zer" vor "denken" hörte - jawohl, "hörte", nicht las, und in welchem Zusammenhang. Lange muss ich darüber nicht nachsinnen, denn als ich es seinerzeit - damals - mit den Lauschern aufschnappte, brannte es sich in den Windungen meines Hirns ein. Ich hatte das erste "Zerdenken" abgespeichert wie eine Erinnerung an ein Gefühl, das ich doch nie erlebt hatte. Daher bekomme ich es sogar heute noch in einen vollständigen Satz zusammen, welcher exakt so ging:
"Wir beide 'zerdenken' zurzeit Sonnenenergie."*
Ohne den nächsten Schnipsel, bliebe jenes wage Zerdenken von Sonnenenergie aussageoffen:
"Wir 'zerdenken' Sonnenenergie und schaffen so für uns einen Sinn."**
Heutzutage kann man derartigen, grandiosen Klamauk nachsehen sowohl als auch nachlesen. Das Buch, aus dem die Zitate stammen, nennt sich "Reden über Gott und die Welt: Theologie im Dialog". Ein sprachlich geordnetes Plauderstündchen - mehrere in der Tat - zwischen einem Naturwissenschaftler und einem Theologen. Die Episode der TV-Reihe "Alpha bis Omega" hatte den Titel "Zufall" und erschien 2004. Die Namen der Probanden: Der Astrophysiker Harald Lesch und der Pfarrer Thomas Schwartz. Das Buch habe ich nie gelesen, aber die Sammlung aus 9 DVDs anno 2009 gekauft. Für kein Geld der Welt würde ich sie wieder hergeben. Und ich denke, mehr gibt es zum Thema "Zerdenken" wahrlich nicht mehr zu sagen.
Nun ja, vielleicht nicht ganz. Überraschenderweise waren sich die beiden ungleichgewichtigen Geister - Wissenschaftler und Theologe -, wie so oft, doch (am Ende) sehr einig, und gingen in etwa konform mit meiner Ansicht. Es besteht eine Entropie, eine - wie ich es ausdrücken würde -, Degeneration an Information anhand der gegebenen Umstände. Wie man dieses offenkundige Faktum philosophisch für sich ins Reine malt - der Sache einen Sinn einverleibt -, soll jedem selbst überlassen bleiben. Allemal steht fest: Zwischen Kontingenz und Korrelation befinden sich eindeutige Parallelen.
Ich glaube zu wissen, dass selbst meine alte Hündin darum weiß und es versteht. Sie hatte heute einen ereignisreichen Tag hinter sich, wie gleichsam meine Wenigkeit, der allerdings keiner weiteren Erwähnung verdient.
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* Online-"Seh"-Quelle (Direktlink, Zeitindex 12' 22"): https://youtu.be/QhPHDLEsc7s?t=742 [07.12.2020].