(-;-) GzN

(-;-) aufgenommen via Integrated Circuit Recorder & zeitverzögert vertextet

12 Tage - Zerpflügen
Der erste Gedanke am gestrigen Morgen war es zwar nicht, aber das erste "Zer-Wort", das mir an diesem Tag einfiel, out of the blue, aus dem Nichts sozusagen. Ich betrachtete mich dabei nicht im Spiegel, dennoch habe ich mir einzugestehen, dass da nicht viel Weg fehlte zwischen dem ovalen Wandgehänge aus Glas über den Waschbecken und dem Gedanken an das Zerpflügen; anders gesagt: Bis sich da ein Zusammenhang auftut, müssen noch ein paar Jahre vergehen und einige Falten kommen.  

Und selbst wenn das nicht stimmen sollte, so schaut mein Gesicht weniger zerpflügt aus als so manche Landschaft, für dessen Gesamterscheinungsbild der Mensch einen hohen Anteil dazu beitrug. Mit einer unzerpflügten Gegend startete jedenfalls meine überhaupt erste Traumsequenz, die bedauerlicherweise auch überaus kurz war, wurde ich doch harsch aus dem Halbschlaf gerissen. Eine Nachtschwester hatte den idiotischen Einfall beim ersten Kreischen eines Säuglings die Halogenleuchten im gesamten Zimmer anzuknipsen, ehe sie es wagte ihren grotesk plumpen Körper in den Raum zu bewegen. Es war nicht meine "Lieblings-Mitfünfzigerin" aus der ersten Nacht, und um ehrlich zu sein, erinnere ich mich gar nicht mehr so genau an das apparente Äußere der reifen Dame mit Hang zur übertriebenen Helligkeit. Eine Vielzahl von Menschen sind für mich das, was für andere Namen sind: Schall und Rauch. An was das liegt, will ich nicht erläutern, auch auf die Gefahr hin, dass ich mich eventuell wiederholen könnte.  
Ein Wunder blieb es für mich allemal, dass aus diesem "Scheinwerfer-auf-volle-Pulle-Aufdrehen", welches nicht nur jene Schwester ausübte - es waren wohl alle äußerst erpicht auf Tageslichtverhältnisse in der Nacht, oder aber: sie wurden dazu beordert -, niemals eine Kaskadenreaktion im Sinne von weinerlichen Neugeborenen resultierte. Wahrscheinlich sind junge Erdenbürger so stark aufs Schlafen fokussiert, dass sie nichts davon abhalten kann der Sache auch nachzukommen. Aber was weiß ich schon.

Als die Nachtschwester nach der Ausübung ihrer bezahlten Pflicht wieder erstaunlich leise entschwand, kein Wort mit mir wechselte - wie die meisten im Übrigen, war ich doch der adulte, männliche Fremdkörper, der in ihrer Domäne nichts zu suchen hatte (+ damals mit jedem Recht wahrscheinlich) - und hinter sich das Licht ausschaltete, war es für mich abermalig an der Zeit in die Welt der Bilder einzutauchen. Bei aller Hingabe misslang es mir leider. Was blieb war die Erinnerung an das Motiv aus dem Traum - ein Hund seitlich stehend auf einer hügeligen Anhöhe, die Sonne im Osten hinter ihm aufgehend. Was ebenfalls blieb waren die Gefühle, die damit einhergingen. Da war eine tiefe Vertrauensbasis, ein marginales Empfinden, dass zwischen mir und dem Tier eine Gemeinsamkeit innerhalb der gesellschaftlichen - wenn man das so benennen darf - Rolle bestand. Bei den Tamilen - einer Völkergruppe aus Südindien - gibt es einen Begriff, der durch die englische Kolonialherrschaft über das ganze Land Indien Bekanntheit erlangte: "pariah" [urspr. Paraiyar], im Deutschen dank Goethe als "paria" etabliert. Die tatsächliche Bedeutung stand im Zusammenhang mit Trommeln und Tierfellen. Die Paraiyar [oder parai] waren Musiker, die ihre Instrumente selbst herstellten und dadurch unweigerlich zu einer Kaste der Ausgeschlossenen zählten. Für das Herstellen von Trommeln benötigt (e) es nämlich Tierfelle, und das Häuten von Tieren war eher denen überlassen, die man heutzutage schlicht als "Unberührbare" bezeichnet - und die unseligerweise immer noch in weiten Teilen existent sind -, zumindest besteht ein Zusammenhang in dem Sinne, dass sie außerhalb der Gesellschaft ihr Leben bestreiten, selbst wenn sie sich innerhalb dieser bewegen. Im Grunde sind Hebammen auch nicht viel mehr als "Parias" - Parias der Neuzeit -, weil sie ebenfalls in Berührung mit Blut und anderweitigen befleckten Dingen kommen; und auch wenn das jetzt abstoßend klingen mag, wollte ich den Vergleich durch Auslassen nicht unter dem Tisch kehren. 
Der Hund auf den Hügel war, wie mein eigenes Ich im Traum, kein Parvenü [geprägt eher als "Parvenu"], nur einfach ein Paria, ein Pariahund sozusagen. Die Gefahr zu einem Parvenü zu werden, einem Verleugner des eigenen Andersseins, bestand für uns beide indes ungemein, würden wir es vorziehen vermehrt mit Menschen in eine stetige Interaktion zu treten. 

Nun ja, das war auf jeden Fall mein erstes Bild meines ersten Traums mitsamt all den Emotionen, die wie tiefe Rillen - egal wo - ihre Bestimmung haben, sind sie noch so sehr künstlich hervorgerufen, wie beispielsweise das absichtliche Zerpflügen von großflächigen Lebensgrundlagen, wie es alleinig der Mensch zu verschaffen mag.
Ich legte vor 12 Tagen meine Hündin auf ihre linke Seite zur ewigen Ruhe, weil ich diese zuerst sah, wie einst auf der Anhöhe. 
      
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