Alles darf gedacht werden. Manches sollte nicht gedacht werden. Weniges darf nicht gedacht werden. Heute reden wir über das Wenige. Und wir reden über das Viele. Und wir sprechen einfach. Ich spreche einfach. Ich versuche es. Ich kann aber nichts versprechen.
Fangen wir an! Es existiert eine Korrelation zwischen Empfehlung und Pflicht. Und schon habe ich versagt! Fangen wir auf ein Neues an.
Es gibt einen Unterschied zwischen einer Empfehlung und einer Pflicht. Nicht für jeden. Viele unterscheiden hart. Bei manchen verschwimmt der Unterschied. (Das sind größtenteils Konformisten.) Gleichgeschaltete. Nur wenige vertreten ihre Meinung. Spielen wir doch ein einfaches Spiel. Verdeutlichen wir die ›These‹. Verdeutlichen wir das bisher Gesagte. Ziehen wir ein fiktives Beispiel dafür heran. Erfinden wir ein absurdes Beispiel. Es soll lächerlich sein. Es soll aber keine Satire sein. Wir wollen nicht übertreiben. Nehmen wir uns dabei mal für einen Moment (lang) ernst. Nur für einen kleinen Augenblick.
Das Beispiel: Helmpflicht für Fußgänger. Keine Helmempfehlung. Eine Helmpflicht. (Sie steht zur Debatte.) Sie soll diskutiert werden. Lassen wir zwei Positionen sich aussprechen. Lassen wir sie streiten. Die erste Person nennen wir ›Pro‹. Sie ist für die Helmpflicht. Der Konkurrent ist ›Kontra‹. Der Antagonist ›Kontra‹ ist (tendenziell) dagegen (sic!). Lassen wir sie (also) reden.
Pro: Warum Helmpflicht für Fußgänger?
Kontra: Berechtigte Frage.
Pro: Weil das Leben gefährlich ist.
Kontra: Weil das Leben gefährlich gemacht wurde!
Pro: Nein.
Kontra: Weil das Leben zu etwas Gefährlichem stilisiert wurde?
Pro: Das Leben war schon immer gefährlich.
Kontra: Und jedes Leben endet mit dem Tod. Müssen wir das Leben vor dem Tod schützen?
Pro: Nein. Wir müssen das Leben vor (potenziellen) Gefahren schützen. Und daher braucht es eine Helmpflicht.
Kontra: Schwachsinn.
Pro: Zuerst nur im Freien. Zuerst nur für gewisse Bevölkerungsgruppen.
Kontra: Vielleicht für die Kleinkinder? Vielleicht ausschließlich für die Alten?
Pro: Vielleicht bloß die Gebrechlichen? Solidaritätsbefähigte gibt es ohnehin.
Kontra: Und überdrehte Eltern gleichermaßen.
Pro: Richtig. Die Vorbildfunktion (schlechthin).
Kontra: Und was strebt Ihnen noch vor? Sind wir schon fertig? Oder soll das weitergehen?
Pro: Helmpflicht auf dem eigenen Grund. Das finde ich gut.
Kontra: Ich nicht.
Pro: Und im Garten. Auf der Terrasse. Auf dem Balkon. Im Haus.
Kontra: Im eigenen Haus?
Pro: Ja. Treppensteigen ist gefährlich.
Kontra: Ich nicht.
Pro: Und im Garten. Auf der Terrasse. Auf dem Balkon. Im Haus.
Kontra: Im eigenen Haus?
Pro: Ja. Treppensteigen ist gefährlich.
Kontra: Beim Heruntergehen?
Pro: Zuerst beim Heruntergehen. Später auch fürs Hochsteigen.
Kontra: Übertreiben Sie da nicht ein klein wenig?
Pro: Überhaupt nicht.
Kontra: Oje. Haben Sie wohl noch mehr Ideen (auf Lager)?
Pro: Natürlich. Ich schwimme (geradezu) in Ideen. Wir machen das generell. Wir machen das allgemeingültig. Für immer. Überall. Für jeden.
Kontra: Selbst im Schlaf?
Pro: Wieso nicht! Das Leben ist gefährlich. Das Leben muss vor dem Tod bewahrt werden.
Kontra: Haben Sie auch gute Vorschläge?
Pro: Ich habe sogar gute Nachrichten.
Kontra: Wirklich?
Pro: Ja. Ich habe viele. Mehrere.
Kontra: Zögern Sie nicht. Nennen Sie sie!
Pro: Ellenbogenschutz wird nur empfohlen.
Kontra: Aha.
Pro: Knieschutz wird nur empfohlen.
Kontra: Oha.
Pro: Schutzbrillen werden nur empfohlen.
Kontra: Es gibt sowieso nicht mehr so viele Insekten.
Pro: Eben. Handschuhe werden deswegen auch nur empfohlen.
Kontra: Verstehe ich nicht.
Pro: Egal. Sie müssen nicht alles verstehen. Sicherheitsschuhe werden auch nur empfohlen.
Kontra: Wollen Sie weitermachen?
Pro: Genügt Ihnen das noch nicht? Reicht das Szenario nicht schon für ein lächerliches Beispiel (aus)?
Kontra: Da haben Sie erstmals recht. Schluss damit! Helmpflicht für Fußgänger...!?
Pro: Das ist immer noch eine super(-brillante) Idee.
Kontra: Das sehe ich anders.
Pro: Was würde denn Ihrer Meinung nach passieren?
Kontra: Die Vorhersage fällt nicht gut aus.
Pro: Prognosen fallen oft nicht gut aus.
Kontra: Da stimme ich zu.
Pro: Viele würden wohl Helm tragen.
Kontra: Sicher.
Pro: Sie würden freiwillig Helm tragen.
Kontra: Aber nicht viele.
Pro: Fast alle würden mitmachen. Ich bin davon überzeugt! Felsenfest.
Kontra: Wenige werden aber nicht mitspielen.
Pro: Ganz wenige. Die können vernachlässigt werden.
Kontra: Weil dem ›Nicht-Helm-Träger‹ sowieso harte Konsequenzen drohen.
Pro: Denken Sie vielleicht an Sanktionen? Die wirken immer. Habe ich gehört.
Kontra: Schwachsinn haben Sie gehört.
Pro: Dann möglicherweise empfindliche Geldstrafen?
Kontra: Das genügt Ihnen wohl nicht. Oder irre ich?
Pro: Die härteste Strafe kommt ohnehin vom Volk selbst.
Kontra: Denunziation?
Pro: Besser als Hetzer und Verleumder. Ächtung nennt sich das Stilmittel der Konformisten.
Kontra: Und es muss lediglich minimal befördert werden.
Pro: Verachtung folgt blitzschnell. Dem Pöbel kann man stets vertrauen.
Kontra: Und soziale Ausgrenzung wäre die Folge.
Pro: Vielleicht gar Isolation? Was halten Sie davon?
Kontra: Nichts.
Pro: Nun. Dann steht nur noch eine Frage aus.
Kontra: Und die wäre?
Pro: Braucht man gegebenenfalls noch Namen für die ›Nicht-Helm-Träger‹?
Kontra: Verächtliche Umschreibungen? Das ist ein dröges Blendwerk!
Pro: Dann einfache Beschreibungen. Vielleicht ›Melonenköpfe‹?
Kontra: ›Kopf-Nackedeis‹ fände ich besser.
Pro: ›Haupt-Entblößende‹?
Kontra: Super! Und die Glatzköpfigen werden verschont.
Pro: Wieso?
Kontra: Darum.
Pro: Von mir aus.
Kontra: Eventuell auch rothaarige Menschen ...
Pro: Reden Sie keinen Unsinn.
Kontra: Gut. Dann gehe ich jetzt zum Friseur.
Pro: Kann ich Sie begleiten?
Kontra: Gerne. Ich werde mir eine Glatze scheren lassen. Und Sie?
Pro: Mein Bart müsste getrimmt werden.
Kontra: Sie haben immer gute Einfälle.
Pro: Danke.
Kontra: Für was?
Pro: Sagt man das nicht so?
Kontra: Nein. Man sagt oder fragt: ›Wofür‹?
Pro: Moment! Sagten Sie nicht gerade ›Für was‹?
Kontra: Sie müssen sich irren.
Pro: Tue ich nicht.
Kontra: Gehen wir einfach zum Friseur.
Pro: In Ordnung.
Kontra: Danke.
Kontra: Sie haben immer gute Einfälle.
Pro: Danke.
Kontra: Für was?
Pro: Sagt man das nicht so?
Kontra: Nein. Man sagt oder fragt: ›Wofür‹?
Pro: Moment! Sagten Sie nicht gerade ›Für was‹?
Kontra: Sie müssen sich irren.
Pro: Tue ich nicht.
Kontra: Gehen wir einfach zum Friseur.
Pro: In Ordnung.
Kontra: Danke.
Das war das Gespräch. Das war das Beispiel. Ende. Ich habe nichts mehr hinzuzufügen. Ich habe aber noch etwas zu sagen. Ich danke für die Aufmerksamkeit. Die Einfachsprache ist mir nicht immer gelungen. Ich bitte um Verzeihung. Es war nur ein Versuch. Es gibt keine Moral bei dieser Geschichte. Gleichnisse wollte ich damit nicht auftun. Alleinig das Undenkbare dachte ich. Das Undenkbare habe ich gesprochen.
Mein Heteronym grüßt mich. Er (oder es) war es wohl. Er sprach durch mich. So wird es gewesen sein. Bestimmt war es so. Ich kann das nicht gesprochen haben. So etwas würde ich nie sprechen. Niemals käme das mir in den Sinn...
Mein Heteronym grüßt mich. Er (oder es) war es wohl. Er sprach durch mich. So wird es gewesen sein. Bestimmt war es so. Ich kann das nicht gesprochen haben. So etwas würde ich nie sprechen. Niemals käme das mir in den Sinn...