Mir wurde schon oft - teils mitunter eindringlicher Ernsthaftigkeit - gesagt, ich sollte Dieses oder Jenes tun und dass ich darin wohl deutlich besser wäre, als die erbärmliche Zunft der Zurschausteller der noch nicht näher genannten Tätigkeiten. Die Palette der Beispiele ist weit gefächert, vom einfachen Pfaffen über den Stand-up-Comedian bis hin zum Politiker, um nur einmal drei beim Namen zu nennen. Was diese "Berufsgruppen" verbindet ist das Wort. Offensichtlich bin ich von Zeit zu Zeit wortgewandter als es der einheitliche Volksmund zulässt, wovon ich überhaupt nicht überzeugt bin. Ich bin eher der Meinung, ich bin ein Meister des Zerredens.
Der Ansicht bin ich allerdings nicht, sogar entschieden nicht. Mich öden narzisstische Zeitvertreibende ab, die im Eigennutzen und nach Gutdünken permanent die Gedankenfäden von Dialogpartnern zerquatschen, um in langen Monologen völlig abseits der tatsächlichen Themen abzufallen. Glücklicherweise kam ich noch nicht oft in solch einen "Genuss", denn normalerweise bin ich der beschriebene Narzisst - ja und aber/oder vielmehr: lediglich wären da zwei Ausnahmen eindringlich aufzuführen. Ich bin weder selbstverliebt, noch höre ich mich gerne reden. Gerade Letzteres langweilt mich ungemein, weil ich eh schon vorher weiß was ich gleich sagen werde. Meistens zumindest.
Selbstverständlich bin ich kein Narzisst, dennoch muss ich mir eingestehen, dass mir in Gesprächsrunden stets drei Möglichkeiten zur Verfügung stehen:
Selbstverständlich bin ich kein Narzisst, dennoch muss ich mir eingestehen, dass mir in Gesprächsrunden stets drei Möglichkeiten zur Verfügung stehen:
- Ich höre zu wie sich Menschen unterhalten und dabei doch nichts sagen.
- Ich höre weg, ich höre einfach nicht hin.
- Ich grätsche dazwischen und zerrede die Runde.
Alle drei Praktiken beherrsche ich vortrefflich, das heißt zu meiner vollsten Zufriedenheit. Und es vergeht nahezu kein Tag, wo ich nicht nach dem Schema vorgehe. Dafür muss ich mich nicht mal mit Menschen treffen. Bei mir kann das Radio im Hintergrund laufen und ich höre es nicht, weil ich nicht zuhöre. Ich kann aber auch zuhören und mich berieseln lassen ohne dabei die Konzentration zu verlieren, egal wie trivial, langatmig oder gar schwermütig es anmutet und aus der Tristesse geradewegs ins Ohr düdelt. Ich höre zu und sage nichts. In der letzten Variante stelle ich jede Aussage auf die Goldwaage und verliere mich im Monolog. Der oder die Radiosprecherin und ihr oder sein Gegenüber liefern mir die Steilvorlagen und haben gleichwohl akustisch damit ein für alle Mal abgedankt. Das eigentliche Thema schwindet hernach mit jedem meiner unzähligen Sätze langsam aber sicher hinfort in die bedeutungslose Ewigkeit des Ungesprochenen, ja, des niemals Ausgesprochenen. An dieser Stelle will ich mich gerne selbst zitieren, als ich eingangs verlautete, dass ich ein "Meister des Zerredens" bin, da log ich nicht. Der Umstand, dass ich so lange reden kann, bis die Leute müde werden oder kurz vor dem Einschlafen stehen, bekräftigt meine Meinung, macht sie aber lange noch nicht zu einer Ansicht, von der ich fest überzeugt wäre. Das nahezu nicht abzuwendende Unding an der Sache ist nämlich: Meine ZuhörerInnen nutzen in aller Regel meine eigenen Möglichkeiten aus, um in der passiven Inaktivität aufzugehen. Ein kluger Schachzug, nicht genial, dafür jedoch äußerst praktikabel.
Ich werde die philosophischen Spaziergänge mit meiner Hündin irgendwann arg vermissen. Eine, ich will es mal Abgewöhnungsphase nennen, ist in jedem Fall schon im regen Gange. Verkürzte Wege spiegeln sich in Dauer und Länge ohnehin schon seit geraumer Zeit wider. Und wenn man sich nicht bewegt, redet man nicht über Tiefgründiges ohne Gefahr zu laufen den Gegenstand des Gesprächs, der Sache an sich, zu zerreden, so jedenfalls mein Kredo.