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Die Mongolenkönigin, Teil 3

Über drei Tage, drei Millisekunden nach dem Erwachen aus der Traumwelt und drei klare Worte - seither bin ich wieder in meinen Überlegungen der letzten dreißig Jahre verstrickt, linksdrehend gegen den Uhrzeigersinn. "Energie ist endlos" - wie ein Perpetuum mobile -, jenen Satz nahm ich aus der anderen Realität, der Traumwelt, mit. Schlagartig wurde mir bewusst, dass ich mit meiner einfachen und neuen Annahme beinahe die Schöpfung infrage gestellt hätte. So langsam kommen mir in diesem speziellen Bezug wage Befürchtungen betreffend der Trinität der Mongolenköniginnenerscheinung auf, begründen kann ich sie sprachlich hingegen nicht. Ich habe erst in das Gefühl einzutauchen. Vielleicht irre ich mich auch.

Seitdem ich denke, denke ich einfach - in Bildern, intuitiv, linkslastig, auf Basisstrukturen- und Werte bezogen. Abstraktes, rechtslastiges, verkompliziertes und realitätsfremdes Hinterfragen kommt nur dann auf, wenn ich tiefer in einen Grundgedanken eintauche. Damit verbunden ist die Gefahr, dass ich auf die grobstoffliche und manipulierte Wesensart des Einheitsmenschen zurückgeworfen werde. Mit anderen Worten verrenne ich mich auf Wahrheitspfaden, die alle eine Gemeinsamkeit aufweisen: aus ihren Gassen, Quer- und Nebenstraßen schallt Trügerisches auf den Hauptring. Für das Wiedererlangen des wahren Bewusstseins, aufgebaut auf den Glauben, bleibt mir nur eine Möglichkeit offen, um diesen in sich geschlossenen Ringkreis zu verlassen; es ist stets jene eine, die einzige, Abzweigung, die ich zu nehmen habe - nur welche es ist, das ist oftmals eine Frage, die nicht mit Wissen zu beantworten ist.
In jedem Fall unterlag ich bei den von der Mongolenkönigin ausgeströmten Offenbarungen, die kindlich jung und ungestüm auf mich einwirkten, einer illusorischen Korrelation. Normal begegnen mir solche beeinflussbaren Phänomene nur über die Sprache, vor allem wenn Menschen sich ihrer über die Rhetorik bedienen. Solche Wörter brennen sich in mir ein. Bei der Erstbegegnung mit der Mongolenkönigin sprudelte es aber keine beflissenen Wortschwalle. Dagegen strahlten Energiewogen in alle Richtungen, wirbelten kreis- und andersartige Muster auf, die, so schnell sie kamen, auch wieder verschwanden. Haderte ich vor ein paar Sätzen noch mit mir selbst und eingeredeten Ausreden, um mich in ein besseres - und doch fahles - Licht darzustellen, so muss ich jetzt deutlich mit mir ins Gericht gehen, denn es kann nur einen Grund geben, warum ich mich so hatte beirren lassen: Ich bin ihrer Erscheinung nicht mehr würdig. Ist sie die Königin, so bin ich nicht mal in ihrem Hofstaat. Sie mag etwas von mir haben, doch fehlt mir die Ermächtigung darauf zurückzugreifen, war es doch im übertragenen Sinne sowieso eine Art von Geschenk auf Leihbasis.

Trotzdem, also wer trotzdem neugierig war und es immer noch ist: die einfache und falsche Erklärung in Bezug auf das Wahrnehmen meiner der Menschen als Leibern und nicht viel mehr, kann ich geben. Sie ist, und das sei ausdrücklich erwähnt, falsch, das heißt nicht wahr. In Wahrheit verhält es sich anders, hat allerdings - wichtig! - mit uns allen (und alles mit uns) zu tun [<- für diesen Nebensatz habe ich dreißig Denkjahre gebraucht]. Was jetzt folgt ist ergo eine Verschwörungstheorie oder aber neudeutsch beziehungsweise im weltsprachlichen ableitenden Morphemsinne: Fake News. Begleitet mich auf eine Imaginationsreise, einer Vorstellung, die am Ende alles umkehrt:


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Du lebst mit deinem Partner und einem anderen Paar ganz alleine auf der Welt. Ihr lebt zusammen in einem Hauskraftwerk, also einem Haus, das euch über Photovoltaik, einer Solaranlage, autark mit Energie für Strom, Heizung und Wasser versorgt. Dort wo es steht und ihr lebt scheint zwölf Stunden am Tag die Sonne, immer gleichbleibend. Ihr habt also niemals ein Defizit an Energie. Irgendwann bekommt ihr zwei Kinder, ein Mädchen und einen Buben, und das andere Paar ebenfalls. Alle Kinder gedeihen prächtig. Als die zwei ältesten Sprösslinge - beispielsweise euer Junge und deren Mädchen - erwachsen werden, wollen sie gemeinsam in ein eigenes Haus ziehen, um dort auch eine Familie zu gründen. Es wird also ein neues Haus gebaut, allerdings ohne Solaranlage, weil ihr keine Ahnung habt, wie man so etwas baut oder keine Materialen findet, um Solarzellen herzustellen. Damit das junge Paar auch Strom hat, speist ihr per Verlängerungskabel einfach die Energie zum neuen Haus. Damit haben beide Häuser natürlich weniger Energie beziehungsweise zusammen gleich viel - so oder so: es reicht wegen der vielen Sonnenstunden. Jetzt kommen die beiden Nachzügler, die ebenfalls gemeinsam ein Haus haben wollen und ähnliches vorhaben, wie die beiden älteren Kinder. Alles kein Problem, ein drittes Haus wird gebaut, und wieder wird vom Hauskraftwerk ein Verlängerungskabel gezogen. Die zwölf Stunden müssen jetzt auf drei mal vier Stunden pro Haus geteilt werden. Das funktioniert alles noch halbwegs prima, und würde auch wohl prima weiterfunktionieren, wenn jede Familie immer exakt zwei Kinder unterschiedlichen Geschlechts bekommen würde, denn mit dem Sterben der ursprünglichen zwei Paare (- also  deinem eigenen Tod und der deines Partners -) wäre wieder ein Haus frei, das Hauskraftwerk, dass dann quasi zum Alterswohlsitz für die zwei Paare werden könnte, die vorher ihre eigenen Häuser bauten. Sie geben sie frei für die neue Generation bestehend aus ihren eigenen Nachkommen. Die Sache hat einen kleinen Geschlechterhaken, weil Menschen auf biologischen Weg unfähig sind die eigene Reproduktion dahingehend zu steuern, dass Geschwisterpaare stets aus einem Männlein und einem Weiblein bestehen. Sic! Sīc erat scriptum! Ich muss das setzen, weil die Äußerung im Satz vor dem "Sic!" meiner Ideologie widerspricht.
Aber gut, denken wir uns in diese Abstraktion weiter hinein. Es passiert also, dass eine Familie mal drei, vier oder noch mehr Kinder bekommt - und Schwups: schon platzt unsere Blase. Nachfolgende Generationen bräuchten mehr als drei Häuser, und wir kämen so schnell zum ultimativen Schluss: "Energie ist endlich."


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Unter diesen Rahmenbedingungen meiner Erzählung könnte man natürlich alles Mögliche und Unmögliche weiterspinnen. Ich will es indes einmal auf die Schöpfung ableiten. Die Pärchen wären demnach Adam und Eva hoch zwei und deren Nachkömmlinge stellen die Gesamtheit der Menschheit Jahrtausende später dar. Das Hauskraftwerk wäre die Verlockung nach dem biblischen Paradiesgarten, die alles ändert. In erster und dargestellter Linie die Abhängigkeit von einer Technologie, von der man keine Ahnung hat - in anderen Worten: einer Versklavung des eigenen Selbst. Der vermeintliche Diener, der Spender von Strom und so weiter, ist der tatsächliche Herrscher, hat er sich doch Macht über seine Nutzer einverleibt. Ohne seine Energie wäre ein Leben auf diesen Niveau für die Menschheit nicht möglich, und ist es nur, wenn sie a) das stille Gesetz der kontrollierte Vermehrung strickt einhält, was überhaupt nicht möglich ist, es sei denn man würde Opfer bringen oder Ungeduldete aus der Gemeinschaft ausstoßen. Das wiederum verhält sich konträr zur menschlichen Sippenmoral, die allerdings mit höherem technologischem Stand schwindet. Lösung b) wäre die Macht der Energieversorgung zu verstehen, um selbst Solaranlagen herzustellen. Der Ansatz c) wäre eine bessere Energieform zu finden beziehungsweise d) sich frei von dem Dienstherren zu machen.
Der entscheidende Punkt kommt bei einer ganz bizarren Fabulisierung, nein, mit einem Gleichnis: Wenn die Energie aus dem Hauskraftwerk für die Seelen der Menschen stehen würde, was wäre dann? Nun, wenn sich die Menschen grenzenlos vermehren, müssten sie sich ihre Gesamtentität untereinander aufteilen. Aus einer autarken Seelengemeinde entstünden abhängige Sprengel ohne Glanz und Gloria. Aus einem Strahl werden viele Funken.

Ich bin am Ende - am Ende des dritten Teils. Ohne Vorwarnung ende ich und danke mir selbst für diese Verstörung, ähm, Verschwörung. Ich habe fürs Erste fertig - im wörtlichen und im übertragenen Sinne.

      
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