[zum Teil 1] [zum Teil 2]
Spoiler: Ohne Doppelmoral werde ich hier nicht rauskommen. Ich habe die letzte Quittung nicht mehr, ich habe den Tag vergessen. Ich habe viele Quittungen nicht mehr und habe viele Tage vergessen. Nicht alle Tage sind in Vergessenheit geraten, weil ich neben "Geschäftskäufen" ebenso Onlinekäufe tätigte, und die obligaten Mailbenachrichtigungen von letzteren hebe ich mir digital auf, auch wenn bei einigen Plattformen die eigenen Bestellungen sowieso gespeichert werden. Wie es für solche Internetverkaufshäuser ein Spleen ist so zu tun, so ist es auch einer von mir, ähnlich zu tun.
Dem Halter von Hunden, der ohne Halsung und Leine auskommt, den lobe ich mir. Er gehört zu einer Sorte von Mensch mit Hund, die man nicht allerorts auffindet, was ihm zu einem kleinen Unikat in seinem Lebensraum macht, zumindest zu einer kleinen Minderheit. Hingegen gibt es mittlerweile ganz viele Halter von Hunden, die ganz viele Halsbänder, Leinen, Geschirre und Kleidchen haben. Ich weiß nicht, ob es sich dabei um eine überwiegende Masse oder nur eine gehypte Fraktion von Sonderlingen handelt. Sollte das Hypergen mitspielen, wäre ich ein stiller Wunderling, der den Glauben an die unerträgliche Einfachheit des Menschenlebens mit Hund nicht verloren hat. Das absolut nicht widerlegbare Kredo jener Bekenntnis lautet: Ein Hund, ein Halsband, eine Leine. Ich bin ein theoretischer Befürworter, aber kein praktischer Anhänger dieser Weltanschauung, schlicht und ergreifend deswegen, weil ich über die Jahre gegen das Drei-Wort-Versprechen unzählige Male verstoßen hatte. Mit anderen (drei) Worten: Ich bin unwürdig.
In meinen Hundejahren gab es da tatsächlich lediglich einen Vierbeiner, der wirklich nur ein einziges Halsband hatte (aus praktischen Gründen), leider aber zwei Leinen, obgleich: die eine Leine riss beim Versuch einer Katze nachzustellen, so dass es einer neuen bedurfte. Ich denke, das ist hinnehmbar. Unvereinbar wurde es als Adelhaid kam. Anfangs hatte sie ein rotes Geschirr, später dann ein dunkel-khaki-grünes Halsband mit Dornschließe, geösten Löchern und einem D-Ring für das Festmachen der Leine, darauf folgte eine orange Halsung aus Nylon mit Schnellklickverschluss und Rundring. Richtiggehend irre wurde es als Adelhaid eine Kameradin bekam. Wenn man zwei Hunde hat, und in einem Kurzschlussmoment an leicht bekleidete Beachvolleyball-Spielerinnen denkt, dann entsteht der abwegige Glaube eine farbliche Synchronität herstellen zu müssen. Ich kaufte also nochmals das gleiche Oranje-Nylon-Dingens, damit auch der letzte zweibeinige Zweifler im Hundeauslaufgebiet relativ schnell erkennen musste, dass diese beiden Tiere in einem Haushalt lebten. Später folgten weinrote, dünne Bänder, bestickt mit den Namen der Hunde und einer Telefonnummer. Kurz vor Adelhaids Musterung zum Diensthund bekam sie letztendlich eine standesgemäße Halsung, die ich sogar einmalig umtauschte - zu klein - ehe ich die neu erhaltene und zweite [oben erwähnt als "letzte"] Quittung arglos wegwarf. Ein Fehler im Übrigen, aber kein tragischer. Wie auch immer, mit diesem Halsband schoss ich den sprichwörtlichen Vogel ab. Ich habe es heute noch, ob hin die Riemenschnalle irgendwann "Federn" lies, so dass ich sie tüftlerisch mit einem robusten Schlüsselring ersetzen musste. Um den Faden nicht länger zu spinnen als er jetzt schon ist - verloren und verworren ist die Erzählung eh schon seit dem ersten Teil -, kläre ich kurzerhand auf: Adelhaid bekam ein sogenanntes Schweizer Halsband, klassisch in den Farben Rot und Schwarz mit weißen Kreuzen. Ein schweres Geschoss aus Rinds- und Nappaleder, hochwertig und hochpreisig. Man gönnt (sich und) Hund ja sonst nichts. Seit dem Kauf sehe ich es jeden Tag, nicht um den Hals des Hundes, sondern an seinem Aufbewahrungsort. Mein kleines, veganes Herz (sic!) blutet innerlich (sic!) bei jedem Anblick aus (sic!), aus Scham vor mir und meiner Wahnvorstellung in jungen Jahren, die mich dazu bewog so ein Monstrum zu erwerben, für den modischen Aspekt und dem Glamour, für schöne Fotografien für die Ewigkeit und so weiter.
Mein Geständnis ist noch nicht vorbei, ich müsste noch viele Sachen beichten, belasse es aber bei den Halsbändern, für heute und vielleicht für immer. Wen interessieren (schon) Geschirre und Leinen?
Was wir nun haben, sind drei wertvolle Komponenten für diese Geschichte: a) ich, b) Adelhaid und c) ein Swiss Halsband. Was ich trug, was ich sonst noch bei mir hatte - all das ist einerlei, absolut nebensächlich. Die Halsung lässt auf die Wichtigkeit des Trägers folgern und lenkt obendrein von allen anderen Faktoren ab. Der "Augenblickshascher" sieht nur ein durch die Gegenden fliegendes Halsband. Der Hund, der es zum Fliegen bringt, der Mensch, der den Hund leitet - wenn interessiert das schon? Vielleicht einen Psychologen, der dir prophezeit, dass der erste Satz, denn du ans Ohr geschmissen bekommst bei einer Erstbegegnung mit ziemlicher Sicherheit auf die Halsung Bezug nehmen wird, um ein Gespräch mit einer Aussage oder eine Frage zu eröffnen. So wie du der Träger deiner Kleider bist für die Augen der anderen, so weißt du doch auch, dass du tatsächlich der Träger deines Leibes bist, der eingehüllt, umhüllt, verhüllt ... umgeben ist von Stoffen, die nicht zu dir gehören. Diese unfreie Kleiderkultur wurde zu einem Bestandteil unserer Existenz, in der wir, die in dieser Zivilgesellschaft leben, sich ausleben (dürfen). Anderswo sieht es anders aus, und vielleicht auch bei uns, dann aber nur höchst privat oder: in einer anderen Realität des Seins, die einen anderen Umstand mit sich bringt - den "Unwachen". Und wer von sich in Kleidern träumt, der träumt in dieser Realität der Unfreiheit des Leibes, geprägt von deren Sitten und Ordnungen, vielleicht aus Gründen.
Ein Hund, ein Halsband, eine Leine - ein Mensch, der es nach Außen trägt und tatsächlich nicht innerlich lebt, in meinem Fall: nicht lebte. Bin ich heute geläutert? Nein, ich bin es schon lange. Gleicher Hund, gleiches Halsband, gleiche Leine. So leben wir seit Jahren - und sogleich darf die Doppelmoral nicht ausgenommen werden - mit Ausnahmen, aus Gründen.
Dem Halter von Hunden, der ohne Halsung und Leine auskommt, den lobe ich mir. Er gehört zu einer Sorte von Mensch mit Hund, die man nicht allerorts auffindet, was ihm zu einem kleinen Unikat in seinem Lebensraum macht, zumindest zu einer kleinen Minderheit. Hingegen gibt es mittlerweile ganz viele Halter von Hunden, die ganz viele Halsbänder, Leinen, Geschirre und Kleidchen haben. Ich weiß nicht, ob es sich dabei um eine überwiegende Masse oder nur eine gehypte Fraktion von Sonderlingen handelt. Sollte das Hypergen mitspielen, wäre ich ein stiller Wunderling, der den Glauben an die unerträgliche Einfachheit des Menschenlebens mit Hund nicht verloren hat. Das absolut nicht widerlegbare Kredo jener Bekenntnis lautet: Ein Hund, ein Halsband, eine Leine. Ich bin ein theoretischer Befürworter, aber kein praktischer Anhänger dieser Weltanschauung, schlicht und ergreifend deswegen, weil ich über die Jahre gegen das Drei-Wort-Versprechen unzählige Male verstoßen hatte. Mit anderen (drei) Worten: Ich bin unwürdig.
In meinen Hundejahren gab es da tatsächlich lediglich einen Vierbeiner, der wirklich nur ein einziges Halsband hatte (aus praktischen Gründen), leider aber zwei Leinen, obgleich: die eine Leine riss beim Versuch einer Katze nachzustellen, so dass es einer neuen bedurfte. Ich denke, das ist hinnehmbar. Unvereinbar wurde es als Adelhaid kam. Anfangs hatte sie ein rotes Geschirr, später dann ein dunkel-khaki-grünes Halsband mit Dornschließe, geösten Löchern und einem D-Ring für das Festmachen der Leine, darauf folgte eine orange Halsung aus Nylon mit Schnellklickverschluss und Rundring. Richtiggehend irre wurde es als Adelhaid eine Kameradin bekam. Wenn man zwei Hunde hat, und in einem Kurzschlussmoment an leicht bekleidete Beachvolleyball-Spielerinnen denkt, dann entsteht der abwegige Glaube eine farbliche Synchronität herstellen zu müssen. Ich kaufte also nochmals das gleiche Oranje-Nylon-Dingens, damit auch der letzte zweibeinige Zweifler im Hundeauslaufgebiet relativ schnell erkennen musste, dass diese beiden Tiere in einem Haushalt lebten. Später folgten weinrote, dünne Bänder, bestickt mit den Namen der Hunde und einer Telefonnummer. Kurz vor Adelhaids Musterung zum Diensthund bekam sie letztendlich eine standesgemäße Halsung, die ich sogar einmalig umtauschte - zu klein - ehe ich die neu erhaltene und zweite [oben erwähnt als "letzte"] Quittung arglos wegwarf. Ein Fehler im Übrigen, aber kein tragischer. Wie auch immer, mit diesem Halsband schoss ich den sprichwörtlichen Vogel ab. Ich habe es heute noch, ob hin die Riemenschnalle irgendwann "Federn" lies, so dass ich sie tüftlerisch mit einem robusten Schlüsselring ersetzen musste. Um den Faden nicht länger zu spinnen als er jetzt schon ist - verloren und verworren ist die Erzählung eh schon seit dem ersten Teil -, kläre ich kurzerhand auf: Adelhaid bekam ein sogenanntes Schweizer Halsband, klassisch in den Farben Rot und Schwarz mit weißen Kreuzen. Ein schweres Geschoss aus Rinds- und Nappaleder, hochwertig und hochpreisig. Man gönnt (sich und) Hund ja sonst nichts. Seit dem Kauf sehe ich es jeden Tag, nicht um den Hals des Hundes, sondern an seinem Aufbewahrungsort. Mein kleines, veganes Herz (sic!) blutet innerlich (sic!) bei jedem Anblick aus (sic!), aus Scham vor mir und meiner Wahnvorstellung in jungen Jahren, die mich dazu bewog so ein Monstrum zu erwerben, für den modischen Aspekt und dem Glamour, für schöne Fotografien für die Ewigkeit und so weiter.
Mein Geständnis ist noch nicht vorbei, ich müsste noch viele Sachen beichten, belasse es aber bei den Halsbändern, für heute und vielleicht für immer. Wen interessieren (schon) Geschirre und Leinen?
Was wir nun haben, sind drei wertvolle Komponenten für diese Geschichte: a) ich, b) Adelhaid und c) ein Swiss Halsband. Was ich trug, was ich sonst noch bei mir hatte - all das ist einerlei, absolut nebensächlich. Die Halsung lässt auf die Wichtigkeit des Trägers folgern und lenkt obendrein von allen anderen Faktoren ab. Der "Augenblickshascher" sieht nur ein durch die Gegenden fliegendes Halsband. Der Hund, der es zum Fliegen bringt, der Mensch, der den Hund leitet - wenn interessiert das schon? Vielleicht einen Psychologen, der dir prophezeit, dass der erste Satz, denn du ans Ohr geschmissen bekommst bei einer Erstbegegnung mit ziemlicher Sicherheit auf die Halsung Bezug nehmen wird, um ein Gespräch mit einer Aussage oder eine Frage zu eröffnen. So wie du der Träger deiner Kleider bist für die Augen der anderen, so weißt du doch auch, dass du tatsächlich der Träger deines Leibes bist, der eingehüllt, umhüllt, verhüllt ... umgeben ist von Stoffen, die nicht zu dir gehören. Diese unfreie Kleiderkultur wurde zu einem Bestandteil unserer Existenz, in der wir, die in dieser Zivilgesellschaft leben, sich ausleben (dürfen). Anderswo sieht es anders aus, und vielleicht auch bei uns, dann aber nur höchst privat oder: in einer anderen Realität des Seins, die einen anderen Umstand mit sich bringt - den "Unwachen". Und wer von sich in Kleidern träumt, der träumt in dieser Realität der Unfreiheit des Leibes, geprägt von deren Sitten und Ordnungen, vielleicht aus Gründen.
Ein Hund, ein Halsband, eine Leine - ein Mensch, der es nach Außen trägt und tatsächlich nicht innerlich lebt, in meinem Fall: nicht lebte. Bin ich heute geläutert? Nein, ich bin es schon lange. Gleicher Hund, gleiches Halsband, gleiche Leine. So leben wir seit Jahren - und sogleich darf die Doppelmoral nicht ausgenommen werden - mit Ausnahmen, aus Gründen.
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